Das Comeback der Freundschaftsarmbändchen – Alexis André und Erick Snowfro begeistern mit ihrem Generative-Art-Projekt

„Wahnsinn, warum schickst du mich in die Hölle?“ sang einst der deutsche Schlagerbarde Wolfgang Petry aus voller Kehle. Tja, warum nur? Vielleicht deshalb, weil Du es einfach mit den Freundschaftsarmbändchen am linken Arm übertrieben hast, lieber Wolle? Es müssen hunderte gewesen sein. Dabei haben die meist sehr einfach hergestellten bunten Wollbändchen tatsächlich einen tiefen Sinn: Wer von einem Freund solch ein Bändchen ums Handgelenk gebunden bekommt und das Ding irgendwann von selbst wieder abfällt, der darf sich etwas wünschen. Der Ursprung dieser Freundschaftsgeste liegt wohl bei den Ureinwohnern Zentral- und Südamerikas. Je nach Kontinent stellen die Menschen die Bändchen übrigens anders her: geknotet, gewebt, geflochten – der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Hauptsache schön bunt. Einer, der diesem Brauch ein zeitgemäßes Comeback beschert hat, ist Erick Calderon (alias Snowfro). Er hat ein sehr erfolgreiches Generative-Art-Projekt daraus gemacht: Seine Friendship Bracelets finden sich inzwischen in jeder gut sortierten Wallet wieder. Seit der Gründung von Art Blocks 2020 ist Erick von der Idee gepackt, digitale Kunstwerke in der physischen Welt in Form eines lapidaren Objekts darzustellen, das zwar eine Bedeutung, jedoch keinen materiellen Wert besitzt. Donald Judd (1928 bis 1994) ist seit langem eine Inspiration für Art Blocks. Als Maler, Bildhauer und Architekt wird er noch heute von der internationalen Kunstszene als einer der Hauptvertreter des Minimalismus gefeiert, der sich in den 1960er Jahren in New York entwickelte. „Mit Judd als Inspiration haben wir den Plan geschmiedet, ein einzigartiges Generative-Art-Freundschaftsarmband zu kreieren. Jedes Band enthält zudem eine Anleitung, wie man in wenigen Minuten ein einfaches Armband mit Stickgarn im Wert von ein paar Cent herstellen kann“, heißt es bei Art Blocks. Judd war der Ansicht, dass das, was uns im Alltag umgibt, bereits wunderschön ist. Auch sei die Erfahrung, Kunst zu schaffen, ebenso wichtig wie sie zu besitzen. Grund genug für Erick Snowfro, mit dem renommierten Künstler Alexis André (alias MacTuitui) zusammenzuarbeiten. Gemeinsames Ziel: Generative Art und vergängliche physische Objekte in Form von Freundschaftsarmbändern zu kombinieren. Das von Erick konzipierte und von Alexis ästhetisch und technisch realisierte Projekt verbindet kreative Kodierung mit einem wunderschönen Farbspektrum aus Stickgarn. „Das Projekt war eine echte Teamleistung, da jedes Mitglied des Art Blocks Teams seine eigene Farbpalette entworfen und benannt hat“, heißt es bei Art Blocks. Die Idee: Jeder, der sich von diesem Projekt angesprochen fühlt, kauft sich mindestens zwei Friendship Bracelet NFTs. Eines zum Sammeln und eines zum Weiterschenken an einen guten Freund. Einfach, um von der Hölle verschont zu bleiben. Mit Erick Snowfro und Alexis André haben wir exklusiv über das spektakulär unspektakuläre Projekt gesprochen: 

NFT Magazin: Erick, sag uns: Wie kommt man bitteschön auf die Idee, Freundschaftsarmbändchen als Generative Art Projekt zu realisieren? 

Erick Calderon: Ehrlich gesagt sind solche Projekte Ideen, die einfach in meinem Kopf herumschwimmen. Irgendwann gibt’s halt einen Auslöser und dann macht es klick – und dann ist es eben so weit. Das ist schwer zu erklären, haha. 

Hand aufs Herz: Hast Du jemals ein Freundschaftsarmbändchen getragen – und wenn ja: Von wem hast Du es bekommen? 

Ich habe mein ganzes Leben lang immer wieder Armbänder getragen. Manchmal mache ich selbst welche, weil ich denke, dass die dann cool aussehen. Mir werden aber auch immer welche geschenkt. In letzter Zeit habe ich durch das Friendship-Bracelets-Projekt viele geschenkt bekommen. Ich liebe es, sie zu tragen und sie an meinem Arm zu sammeln. 

Wie viele Armbändchen aus dem Projekt hast Du tatsächlich selbst anhand der jeweiligen Anleitung geknüpft?

Zwischen 20 und 30 Stück. 

Wie lange dauert es denn, bis man so ein Bändchen selbst hergestellt hat – wenn man sowas zuvor im Leben noch nie gemacht hat? 

Fünf Minuten. 

Du inspirierst die NFT-Szene immer wieder mit spektakulären Ideen und Projekten. Was hast Du für 2023 geplant?

In diesem Jahr möchte ich zwei Projekte veröffentlichen: Ein Experiment im Bereich des generativen, kreativen Ausdrucks von Individualität, ähnlich dem Freundschaftsarmband. Auch möchte ich das „Bookends“-Projekt, das ich letztes Jahr bereits angekündigt habe, realisieren. Hierbei geht es um generative Algorithmen und Keramik. 2023 wird für Art Blocks also ein spaßiges Jahr werden, in dem wir den generativen-kreativen Ausdruck erforschen. 

Welchen aufstrebenden Künstler sollten wir uns denn mal genauer ansehen – und uns vielleicht sogar seinen Namen merken? 

Kunst ist so subjektiv. Ich sehe hunderte Kunstwerke in meiner Timeline. Aber in letzter Zeit bin ich auf einen Künstler namens Zaxieee (@zaxieeeTez auf Twitter) aufmerksam geworden, der einige sehr farbenfrohe und weich-wollige Kunstwerke geschaffen hat, die meine Fantasie angeregt haben. Ich bin gespannt darauf, seinen Weg weiter zu verfolgen, denn er produziert etwas, das ich für sehr einzigartig halte – und von dem ich übrigens annehme, dass es mit Hilfe von KI erstellt wird. 

Welches NFT hast Du denn selbst zuletzt gemintet oder gekauft? 

Mein letzter Kauf war Renders Game von @mountvitruvius auf Art Blocks. Leider habe ich die Dutch Auction verpasst, aber ich konnte ein perfektes Schmuckstück im Zweitmarkt für die Sammlung ausfindig machen. 

Exklusiv-Interview mit Künstler und Tech-Koryphäe Alexis André:

NFT-Magazin: Alexis, was hast Du spontan gedacht, als Erick mit der Idee an Dich herantrat, Freundschaftsarmbänder als Generative-Art-Projekt umzusetzen? 

Alexis André: Erick meldete sich zum ersten Mal am 6. Juni 2021 über Discord mit: „Nun, ich habe dieses Projekt schon seit Jahren im Kopf…” Er hatte schon alles vorbereitet: ungefähr hundert Farben, eine Grafik, die das Armband zeigt und auch eine Anleitung, um eine physische Version davon herzustellen. Meine Antwort wortwörtlich: „Ich liebe es!“ Und dann: „Ich muss jetzt aber erst mal ins Bett gehen und mir morgen so schnell wie möglich Webmuster ansehen.” Dann passierten allerdings erst einmal eine Zeit lang andere Dinge – wir kamen erst Monate später wieder auf das Projekt zurück. 

Von wem hast Du jemals ein solches Armband erhalten, das dir am meisten bedeutet hat? 

Wenn wir von physischen Armbändern sprechen, dann ist es das Armband, das ich mit Erick in Marfa machen konnte. Art Blocks hat buchstäblich mein Leben verändert und Erick ist der Grund dafür. Wenn wir hingegen über Freundschaftsarmbänder als NFT sprechen, dann gibt es diese ganze verrückte Geschichte, die ein paar Wochen nach der Veröffentlichung des Projekts passiert ist: Ich habe ein Werk namens „24 Heures” auf Art Blocks veröffentlicht. Der Clou dabei ist, dass die ganze Kollektion eine Auftragsarbeit ist. Ein „Mystery Patron”, wie wir sagen, hat mir das beste Angebot überhaupt gemacht: „Mach, was immer du willst, ich kaufe die ganze Kollektion.” Sie haben die Token (man braucht einen persönlichen Token, um ein Stück zu minten) eher zufällig verteilt, und ich weiß es wirklich zu schätzen, dass dieses Stück immer noch geliefert wird. Jetzt hat der Mystery Patron von den Armbändern gehört und wollte ein komplettes Set sammeln. Er bot der Community folgenden Deal an: Schickt ein Armband mit einer bestimmten Farbpalette ein und ihr erhaltet im Gegenzug einen 24h Token, um ein „24 Heures” zu minten. Es dauerte nur ein paar Stunden, bis der Mystery Patron sein komplettes Set erhielt. Kurz drauf erklärten sich alle Teilnehmer dieser Art von Verlosung bereit, meine Kunst mit einer erstaunlichen Liebesbekundung zu würdigen. Jeder von ihnen nahm einen Armband-NFT und sie alle bildeten damit eine Beziehungskette, indem sie die NFTs an alle Beteiligten übertrugen und sie schließlich mir schenkten. Es ist das Armband #2495. Ich empfehle den Leuten, sich die History dieses Tokens anzusehen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was NFTs uns jetzt ermöglichen. Und natürlich wird dieses Armband auf keinen Fall den Besitzer wechseln. 

Ist Dir schon mal ein Wunsch von einem herabgefallenen Armbändchen in Erfüllung gegangen?

Nein, noch nicht! 

Was war die technische Herausforderung bei diesem Projekt? 

Der enorme Umfang des Werks war die größte Herausforderung – zumindest dachte ich das anfangs. Während normale Sammlungen auf Art Blocks zwischen einigen hundert und tausend Exemplaren liegen (abgesehen von ein paar Ausnahmen), hatten wir es hier mit maximal 72.000 Mints zu tun. Bei einer kleineren Sammlung wäre ich bereit, den Algorithmus für einige Mints „wild” werden zu lassen, in der Hoffnung, hervorragende Ergebnisse zu erhalten – auch auf die Gefahr hin, dass ich einige Mints erhalte, die vielleicht in einigen Aspekten etwas unzureichend sind. Bei so vielen Mints war ich nicht bereit, ein solches Risiko einzugehen. Also habe ich mein Bestes getan, um den Algorithmus zu „zähmen”, damit ich auf beständigere Weise gute (oder bessere) Ergebnisse erhalte. Das hat mich auch dazu veranlasst dafür zu sorgen, dass sich all die verschiedenen Ideen, die im Spiel sind, um Variationen zu ergänzen und auf angenehme Weise miteinander zu verbinden. Wir haben vielleicht ein paar Armbänder, die sich ähneln, aber sie sind alle auf die eine oder andere Weise unterschiedlich. Die Kollektion sollte einfach zu handhaben sein, aber dennoch tiefgründig genug, um mit so vielen Mints arbeiten zu können. Die zweite Herausforderung, auf die ich eigentlich nicht vorbereitet war, bestand in der Farbauswahl. Ein wichtiger Aspekt der Kollektion ist, dass die benannten Farbpaletten von den Leuten bei Art Blocks ausgewählt wurden. In einem Moment unvorsichtigen Mutes sagte ich zum Team, dass alle vier Farben funktionieren würden. Aber: Ich war nicht auf einige extreme Entscheidungen vorbereitet, wie etwa bei Exemplaren, die beispielsweise drei schwarze Fäden enthalten. 

Ein deutscher Schlagersänger war dafür bekannt, dass er Hunderte dieser Armbänder an seinem Arm trug. Das waren Geschenke von seinen Fans. Wäre so etwas für Dich denkbar? 

Ich nehme gerne Armbänder als Geschenke an – digital oder physisch. Aber würde ich sie ständig tragen? Wahrscheinlich nicht! Wieder eine gute Sache, dass es sie als NFTs gibt. 

An was für einem Projekt arbeitest Du gerade? Hast Du vielleicht ein Stichwort für uns, das wir uns für die nächsten Wochen unbedingt merken sollten? 

Ich habe ein paar Projekte in Arbeit, die bald veröffentlicht werden. Mein Terminkalender ist aktuell wirklich voll. Aber vielleicht ist das nächste Highlight Bright Moments Tokyo im Mai 2023.

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