Kevin Rose (Jahrgang 1977) ist Mitgründer und CEO von PROOF, den Machern des erfolgreichen NFT-Moonbird-Projekts. Zudem ist er Partner bei True Ventures. Als Serienunternehmer, der auch für die Gründung von Digg und Revision3 bekannt ist, gründete er zuletzt Oak, eine App für geführte Meditationen, sowie Zero, eine App zur Überwachung des intermittierenden Fastens. Neben seiner Tätigkeit in den Vorständen der Unternehmen des True-Portfolios ist Kevin auch als Beirat bei der Tony Hawk Foundation sowie beim kalifornischen Weingut Harlan Estate aktiv. Bevor er zu True Ventures kam, war er General Partner bei Google Ventures. Kevin Rose wurde von Bloomberg in die „Top 25 Angel Investors“, von Forbes in die „Top 25 Web Celebrities”, vom MIT in die „Top 35 Innovators“ und von den Zeitschriften Time und Businessweek in die „Top 25 Most Influential People on the Web“ aufgenommen. Sein Podcast „PROOF“ gilt in der Szene als absolutes Muss. Hervorgegangen ist dieser aus dem Podcast „Modern Finance“, der sich mit Themen wie Krypto, DeFi, Yield Farming, NFTs, FIRE, Robo-Investing und beispielsweise Finanz-Hacks beschäftigt. Mike Hager hat mit Kevin Rose über die aktuelle Situation des Kryptomarktes und die Entwicklung der NFT-Technologie gesprochen:
Mike Hager: Kevin, Du beschäftigst Dich etwa seit 2010 mit dem Krypto-Space. Du hast also seither auch schon einige Abwärtszyklen mitgemacht, wie etwa den Bärenmarkt, den wir jetzt haben?
Kevin Rose: Sicher, ja.
Ist die aktuelle Situation anders? Gibt es etwas, das Dich nervös macht?
Das Einzige, was wirklich anders ist, ist die Menge des Kapitals, die im Spiel ist. Ich habe zum Beispiel gesehen, wie Mt.Gox unterging. Das war eine große Sache. Damals ging es um Hunderte von Millionen Dollar. Und die Zahl der Menschen, die jetzt offensichtlich in Krypto involviert sind, sich an Krypto beteiligen und Accounts einrichten, ist um einiges größer als damals. Ich will die Auswirkungen nicht herunterspielen und wie schrecklich es für diejenigen ist, die Geld verloren haben. Aber ich denke, dass dies dazu führen wird, dass die Verbraucher radikale Transparenz von den Projekten oder Börsen verlangen werden, an denen sie beteiligt sind. Und das ist es, was die Situation wirklich vorantreiben wird. Wir haben es nämlich satt zu denken: Wow, da muss es doch eine gewisse Stabilität bei den Börsen geben. Nur weil wir diese großen, mit Risikokapital finanzierten Börsen sehen und all die riesigen Sportarenen, die deren Namen tragen. Es stehen große Venture Captital Firmen hinter ihnen, es steht Tom Brady hinter ihnen. Sie haben all diese schicken Statussymbole. Gegenüber Verbrauchern sorgt deren Außendarstellung natürlich für Vertrauen. Und das ist genau der Grund für den großen Reinfall. Da denkt man, man hat Vertrauen, und dann wird einem der Boden unter den Füßen weggezogen. Ich finde es wirklich gut, dass viele dieser Börsen vor kurzem damit begonnen haben, ihre Wallets online zu veröffentlichen, um zu zeigen, dass sie tatsächlich die Reserven haben, die sie auch vorgeben zu haben.
Wo siehst Du künftig den Markt? Kannst Du Dir eine NFT-Massenanwendung in drei, fünf oder zehn Jahren vorstellen?
Ja, ich denke, dass das Thema gut vorankommen wird. Damit NFTs aber funktionieren, muss es darum gehen, wie wir die nächsten zehn, 15, 20 Millionen Menschen in NFTs einbinden können. Und dabei kommt es darauf an, über welche Art von NFTs wir sprechen. Wenn wir nur über die Kunstwelt sprechen, dann brauchen wir nicht so viele Menschen. Wenn man sich die Anzahl der Teilnehmer ansieht, die tatsächlich auf Objekte bei Christie’s und Sotheby’s und all diesen verschiedenen Auktionen bieten, oder einfach die Anzahl der Galerien sehen, die wir haben, und die Zahl der Leute, die tatsächlich von diesen Galerien kaufen, dann geht es nicht um Millionen Menschen. Es ist also nicht so, dass wir 20 Millionen Käufer für ein Kunstwerk haben müssen, um erfolgreich zu sein. Aber wir müssen dafür sorgen, dass die Kunstsammler sicher sein können, dass die Vermögenswerte, die sie kaufen, sicher sind und dafür kein Verlustrisiko besteht. Das Ganze muss mit optisch hochwertigen Monitoren gekoppelt werden, damit die Kunstwerke – beispielsweise für die Freunde, die zu Dir nach Hause kommen – nicht so aussehen, als hätte man nur irgendein Bild auf einen Fernseher von der Stange gelegt. NFT-Kunstwerke zu betrachten muss ein sehr elegantes, hochwertiges Erlebnis sein, damit sich die Leute, die es gewohnt sind, für Kunstwerke zwei, drei, fünf oder 15 Millionen Dollar hinzulegen, auch damit anfreunden können, Kunstwerke im höheren Preissegment digital zu erwerben und zu zeigen. Und dies wiederum wird auch das untere Ende des Marktes ankurbeln. Ich denke, dass zwei Dinge passieren müssen: Sicherheit und ein gutes Gefühl für die Investoren. Ich glaube auch, dass das die Bezeichnung NFT in vielen Kreisen noch lange verwendet werden wird. Aber höchstwahrscheinlich wird es irgendwann einfach in „digitale Kunst” umgewandelt. Es wird etwas sein, für das man die Technologie benutzt und die NFTs sammelt, aber dabei nicht einmal weiß, dass sie hinter den Kulissen von der Blockchain angetrieben werden. Ich habe übrigens einige neue Produktentwürfe von Instagram gesehen. Kein Mensch weiß, ob sie tatsächlich das Licht der Welt erblicken werden, weil viele der Dinge, die entworfen werden, es einfach nie zur Marktreife schaffen. Ich habe aber auch Dinge gesehen, die hatten sehr viel mit einem bekannten Fotografen zu tun: Der hat ein Foto online zum Verkauf angeboten. Er verkauft es für fünf US-Dollar pro Stück. Die Kaufabwicklung, der Prozess, die Bezahlung mit Apple Pay, die Speicherung im lokalen Instagram-Konto als Wallet – nirgendwo wird dabei erwähnt, dass es sich um ein NFT, die Blockchain und Walletadressen handelt. Es ist alles versteckt. Wir fragen uns ja auch nicht, welche Datenbanken die Skins antreiben, die wir kaufen, wenn wir Fortnite oder ein anderes Videospiel spielen. Ich denke, wenn NFTs im Mainstream erfolgreich sind, wird es nicht darum gehen, dass Du Dich mit Deinem Freund über seine Walletadresse unterhältst und dass all diese Technologien seltsame Ausnahmeerscheinungen sind. Das wird sich alles einpendeln. Damit große Unternehmen die Technologie vorantreiben, muss sie sich für sie als bedeutende Einnahmequelle herausstellen. Stellen wir uns also vor, in anderthalb Jahren findet ein Analystengespräch statt, sie legen ihre Quartalsergebnisse vor, wie sie es als börsennotierte Unternehmen tun müssen, und sie nennen NFTs als eine, sagen wir, 50 Millionen oder 75 Millionen Dollar Umsatzmöglichkeit. Das hat zur Folge, dass 100 andere Unternehmen mit ähnlichen Projekten auf den Plan treten werden, weil sie denken: Hier ist eine weitere Einnahmequelle, die wir anzapfen können, die wir in unser Produkt integrieren können. Ich denke, wir werden sehen, wenn es beispielsweise Instagram erfolgreich macht, dass es Snapchat auch erfolgreich machen wird. Twitter wird dann auch nachziehen. Es wird ein Schneeballeffekt eintreten, und dann wird die Technologie sehr weit verbreitet sein.